Manuskript meines Vortrags im Rahmen der Friedenswerkstatt „Stopp Ramstein 2022“
Inhalt
- Wirtschaftsblockaden – keine „zivile Alternative“ zu Krieg
- „Mittelalterliche Belagerungen“
- Der „stille Tod“
- Gegen Völkerrecht und UNO-Mehrheit
- „Massenvernichtungs-Sanktionen“
- Wirtschaftskrieg gegen Russland
- Bumerang
- Neue Blockbildung
- Fazit
Wirtschaftsblockaden – keine „zivile Alternative“ zu Krieg
Ich werde zunächst auf Wirtschaftssanktionen allgemein eingehen und dabei in erster Linie auf die, die eigenmächtig von einem oder mehreren Staaten verhängt werden. In diesen Fällen ist der Begriff „Sanktionen“ irreführend. Denn nichts und niemand gibt einem Staat wie den USA oder einem Staatenbündnis wie der EU das Recht, selbstherrlich Strafmaßnahmen zu verhängen. Dazu ist allein der UN-Sicherheitsrat legitimiert. Korrekter sollten wir daher, wie es in UN-Dokumenten der Fall ist, von unilateralen Zwangsmaßnahmen reden.
„Mittelalterliche Belagerungen“
Es gibt auf internationaler Ebene viele verschiedene Arten von Zwangsmaßnahmen von Staaten gegen andere Staaten bzw. Personen, Einrichtungen, Firmen etc. anderer Staaten. Ich werde mich im Folgenden auf umfassende Handels-, Finanz- und Wirtschaftsblockaden konzentrieren, die rasch den Charakter von Wirtschaftskriegen annehmen können.
Häufig werden die von westlichen Staaten verhängten „Sanktionen“ damit begründet, Menschenrechte in den betroffenen Ländern verteidigen oder durchsetzen oder, wie im Fall des russischen Einmarsch in die Ukraine, Völkerrechtsverstöße ahnden zu wollen. Tatsächlich verstoßen eigenmächtige Zwangsmaßnahmen jedoch, wie ich noch näher erläutern werde, selbst auf mehrfache Weise gegen internationales Recht und Menschenrechte – auch die aktuellen gegen Russland.
Da sie per se nur von dominierenden Mächten oder Bündnissen verhängt werden können, ist ihr Einsatz auch entsprechend selektiv. Sie werden tatsächlich auch fast ausschließlich von den USA und ihren Verbündeten verhängt. Solche Mächte können gleichzeitig sicher sein, dass sie selbst bei schlimmsten Verbrechen, wie den Kriegen gegen Jugoslawien, Irak oder Libyen, nicht selbst Ziel solcher Maßnahmen werden können. Sie fördern keineswegs die „Stärke des Rechts“, wie u.a. führende Grüne hierzulande gerne ins Feld führen, sondern setzen das „Recht des Stärkeren“ durch und sind daher– unabhängig davon wie gerechtfertigt die vorgebrachten Gründe dafür in manchen Fällen erscheinen mögen – letztlich Akte der Willkür.
Die USA haben mittlerweile ‒ allein oder zusammen mit den EU-Staaten – gegen rund 40 Länder solche eigenmächtige Maßnahmen verhängt. Einige, wie die Wirtschaftsblockaden gegen Kuba, Iran, Venezuela, Nord Korea und Russland sind allgemein bekannt. Die verheerenden Folgen der Blockaden gegen bereits völlig verarmte Länder wie Nicaragua, Mali, Simbabwe oder Laos hat jedoch kaum jemand auf dem Schirm.
Natürlich wird von westlicher Seite stets beteuert, dass ihre Maßnahmen sich allein gegen die jeweilige Regierung, das jeweilige Regime, richten würden. Doch selbst wenn dies tatsächlich der Fall wäre liegt es auf der Hand, dass sie, sobald sie effektiv sind, d.h. Handel und Finanztransaktionen wirksam einschränken, sie stets in erster Linie die Bevölkerung treffen, vor allem deren ärmeren, verletzlichsten Teile.
Dies ist keineswegs ein unerwünschter Nebeneffekt, sondern gehört –entgegen allen Beteuerungen – zum Kalkül. Soll auf diese Weise doch öffentlicher Druck auf die Regierung aufbaut werden, den Forderungen der blockierenden Mächte nachzugeben.
Wirtschaftsblockaden sind daher eine Form der Erpressung, mit der die Regierungen der betroffenen Länder zur Unterordnung unter die Politik der westlichen Mächte gezwungen werden sollen. Oft, wie im Fall Kuba, Syrien, Iran oder Venezuela werden mit ihnen auch offen „Regime Changes“ angestrebt, indem versucht wird, die Bevölkerung durch eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen zum Aufstand zu nötigen. Alle Bürger der betroffenen Länder werden so als Geiseln genommen.
Der renommierte belgische Völkerrechtler Prof. Marc Bossuyt hat bereits im August 2000 in einem Gutachten für die UN-Menschenrechtskommission konstatiert: Der renommierte belgische Völkerrechtler Prof Marc Bossuyt hat bereits im August 2000 in einem Gutachten für die UN-Menschenrechtskommission konstatiert:
„Die ‚Theorie‘ hinter Wirtschaftssanktionen ist, daß ökonomischer Druck auf die Zivilbevölkerung in Druck auf die Regierung übersetzt wird, ihre Politik zu ändern. Diese Theorie ist bankrott, sowohl rechtlich wie praktisch.“ (Marc Bossuyt ,The Adverse consequences of economic sanctions on the enjoyment of human rights, Economic and Social Council, E/CN.4/Sub.2/2000/33, 21.6.2000)
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