Update zu: “Keine Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen”

Updates zum Kapitel Keine Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen des Beitrags Dramatische „Zweite Welle“ oder herbstlicher Trend?

Das Update berücksichtigt eine neue Studie der Initiative Qualitätsmedizin, die die Entwicklungen der Jahre 2019 und 2020 bis Oktober vergleicht.

Keine Zunahme schwerer Atemwegserkrankungen

Eine Studie der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) analysierte anhand der Abrechnungsdaten von 421 Kliniken „Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung im ersten Halbjahr 2020“ (IQM, 27.10.2020). In den beteiligten Krankenhäuser, darunter 18 Unikliniken, wurden im ersten Halbjahr 2020 rund 2,8 Mio. Fälle behandelt, die ca. 35% aller deutschen Krankenhausfälle repräsentieren. Sehr deutlich zeigt sich dabei der drastische Rückgang der Behandlung anderer Krankheiten als Covid-19 im Frühjahr dieses Jahres, selbst der von Herzinfarkten und Lungenkrebs.

Zahl der Intensivbehandlungen 2020 niedriger

Die Studienautoren verglichen auch die Fälle in den Jahren 2019 und 2020, bei denen eine schwere infektiöse Atemwegserkrankung (Severe Acute Respiratory Infection, SARI) vorlag. Interessanterweise war deren Gesamtzahl im ersten Halbjahr 2019 mit 221.841 Fällen höher als 2020 mit 187.174 Fällen, obwohl unter diesen auch die durch Covid-19 bedingten Fälle sind. Es konnte auch keine Zunahme von Intensivbehandlungen und maschinell beatmeten Patienten festgestellt werden. Im Gegenteil: die Anzahl von Intensivfällen war im Lockdown deutlich geringer und die Beatmungsfälle blieben weitgehend unverändert. Dies ist wohl die Folge der weitreichenden Maßnahmen und Regulationen, durch die im Lockdown Krankenhausbehandlungen beschränkt und nicht dringliche Behandlungen nach hinten verschoben worden waren.

Wöchentlicher Verlauf aller Intensiv- und Beatmungsfälle bis KW 44 (Ende Oktober) 2019 und 2020 ‒ Quelle: IQM, 1.12.2020

Eine neue Untersuchung der Daten von 272 Kliniken, die diese mittlerweile monatlich übermitteln, ergab das gleiche Bild. Bis Ende Oktober blieb die Anzahl von Intensivfällen niedriger als in den Vergleichsmonaten 2019 und die der Beatmungsfälle weitgehend gleich. (Effekte der SARS-CoV-2 Pandemie auf die stationäre Versorgung von Januar bis Oktober 2020, IQM. 1.12.2020)

Wöchentlicher Verlauf der SARI-Fälle bis Ende Oktober 2019 und 2020 – Quelle: IQM, 1.12.2020

Auch die Krankenhaussterblichkeit der intensivbehandelten und der beatmeten Patienten hat sich nicht signifikant geändert. Mit Verweis auf die Publikation der Sterbefälle des Statistischen Bundesamtes stellen die Autoren fest, „dass die Sterbefälle 2020 nur unwesentlich von dem Mittel der Sterbefälle der Jahre 2016-19 abweichen“

Auch wenn sich der IQM-Vorstand in einem, der Studie nachträglich beigefügten Statement, dagegen verwahrt, dass ihre Auswertungen genutzt werde, um „die Relevanz sowie die Auswirkungen von COVID-19 zu verharmlosen“, so deuten die Zahlen doch eindeutig daraufhin, dass die Corona-Epidemie wesentlich weniger dramatische Auswirkungen hatte, als zunächst befürchtet wurde. Sie sind ein weiteres starkes Indiz dafür, dass ein erheblicher Teil der Patienten, die als Corona-Fälle gezählt werden, primär wegen anderen Erkrankungen auf die Intensivstation verlegt werden mussten, d.h. „mit Corona“ und nicht „wegen“.

Vier von fünf Corona-Fälle ohne nachgewiesene Infektion

Insgesamt waren von den 187.174 SARI-Fällen 11.132 (5,9 %) positiv auf Covid-19 getestet worden, bei 11.206 gab es nur einen Verdacht. Die Studienautoren machten zudem die erstaunliche Beobachtung, dass bei weiteren rund 35.000 Patienten ein Covid-19-Verdacht kodiert worden war, ohne dass sie an einer SARI litten. Damit lag bei insgesamt rund 46.000 Patienten, d.h. bei vier von fünf Corona-Fällen, nur ein Verdacht vor.

Als wahrscheinlichste Erklärung erscheint den Autoren, „dass in Anbetracht der medialen Präsenz des Themas und der damit einhergehenden Aufmerksamkeit, Fälle mit passender Symptomatik selbst dann als Covid-19-Verdacht behandelt wurden“, wenn der PCR Test negativ blieb. Dadurch wurden jedoch die gemeldeten Zahlen der von Corona-Patienten belegten Intensivbetten stark in die Höhe getrieben.

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