Der Nahe und Mittlere Osten. 1994 – 2019 – 2044

erschien im Abschlussheft der INAMO, Jahrgang 25/ 99…100, Dezember 2019

Anlässlich der 100sten INAMO Ausgabe fragte die Redaktion rund 50 Experten und Expertinnen, was in dem vergangenen Vierteljahrhundert in und mit der Region geschehen ist. Was erscheint im Rückblick als bemerkenswert und was lassen die kommenden 25 Jahre erwarten.

Das folgende ist mein Beitrag dazu.

Im November 1994 war ich zusammen mit mehreren Mitstreitern vor das Amtsgericht zitiert worden, weil während einer Demonstration gegen den ersten von den USA angeführten Krieg gegen den Irak, die Tore der US- und NATO-Hauptquartiere in Heidelberg zeitweilig blockiert worden waren. Dieser Krieg und seine Folgen waren durch das von Deutschland forcierte Auseinanderbrechen Jugoslawiens in den Hintergrund geraten. Die Gerichtsverhandlung fast 4 Jahre danach rief sie wieder in Erinnerung.

Mittlerweile gab es einiges an Literatur, die einen genaueren Eindruck vom Ausmaß der Zerstörungen vermitteln konnte, als während und kurz nach dem Krieg, sowie auch gut belegte Berichte über Kriegsverbrechen, die die Streitkräfte der USA und ihrer Verbündeten verübt hatten.  Gleichfalls erschreckend waren auch die Informationen über die Folgen des fortgesetzten Embargos, die nun an die Öffentlichkeit drangen. Schon Ende 1994 musste man demnach befürchten, dass die nach Kriegsende fortgesetzte, nahezu totale Wirtschaftsblockade des vom Krieg zerstörten Landes bereits eine Million Irakerinnen und Iraker getötet hatte. Dabei war mit dem Rückzug der irakischen Truppen Ende Februar 1991 und der vorbehaltlosen Annahme der, die Besetzung Kuwaits betreffenden  Resolutionen durch Bagdad, der Grund für die Sanktionen eigentlich entfallen. Die USA und Großbritannien, die die Beendigung des Embargos durch den UN-Sicherheitsrat verhinderten, verfolgten mit ihrer unerbittlichen Haltung offensichtlich eine Agenda, die über die dem Irak auferlegten Verpflichtungen hinaus gingen. Dennoch spielte die restliche Welt mit und beteiligte sich weiter an der mörderischen Blockade, die man nach Ansicht etlicher Völkerrechtlern und führenden UN-Mitarbeitern, wie dem ehemaligen, 1998 aus Protest zurückgetreten, Humanitären Koordinator der UNO im Irak, Denis Haliday, als Völkermord bezeichnen konnte.

Das Embargo und der Irak allgemein wurden von da an für mich zu einem zentralen Thema, wachgehalten und sich auf weitere Länder ausdehnend durch die immer verheerendere weitere Entwicklung der US-Politik.

„Mutter aller Schlachten“

Als „Um al-Ma’arik“, als „Mutter aller Schlachten“ hatte Saddam Hussein 1990 den bevorstehenden Krieg bezeichnet. Egal, wie er seinen rasch zum geflügelten Wort avancierten Begriff selbst verstand, war er in einer Hinsicht absolut treffend: Der erste Krieg gegen das Land zwischen Euphrat und Tigris, der gemäß den Worten des damaligen US-Präsidenten, George Bush sen. eine „Neue Weltordnung“ einläutete, eröffnete eine bis heute andauernde Phase von Kriegen und Interventionen der USA und ihrer Verbündeter. Neben dem Zweistromland traf es in der Folge auch Jugoslawien, Afghanistan, Libyen, Syrien und Jemen. Immer mehr Staaten des NMO und Nordafrikas wurden in den letzten 25 Jahren in ein mörderisches Chaos gestürzt.

Bushs „Neue Weltordnung“ wollte keinen Aufstieg von Rivalen zulassen und keine Störenfriede dulden, die durch eigenmächtiges Agieren die Vorherrschaft der USA in wichtigen Regionen schwächen könnte. Am Irak wurde das erste Exempel statuiert. Es ging 1991 nicht in erster Linie um den Einmarsch in Kuwait und auch nicht um irakische Massenvernichtungswaffen. Das ölreiche Land war, nachdem es im Krieg gegen den Iran mit Waffen aus dem Westen massiv aufgerüstet worden war, zu einer zu selbständigen Regionalmacht in einer Region geworden,  deren Kontrolle von den herrschenden Kreisen der USA seit langem als zentral für die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung ihrer weltweiten Dominanz angesehen wurde.

Mit dem steigenden Einfluss der Neocons und ihrem „Project for the New American Century (PNAC) wurde diese Ziel noch radikaler verfolgt und der Irak spielte dabei eine zentrale Rolle. Nach zwölfjähriger Belagerung folgte so im März 2003 schließlich die Invasion des sturmreifen Landes, gefolgt von einer brutalen Besatzungsherrschaft. Letztlich blieb er dadurch von 1991 an, nur drei Jahre nach dem Ende seines vom Westen unterstützten Feldzugs gegen den Iran, bis heute faktisch im Kriegszustand – mit verheerenden Auswirkungen für die ganze Region.

So bot das besetzte Zweistromland, nachdem in Afghanistan die Basis geschaffen worden war, die optimalen Bedingungen für das Gedeihen dschihadistischer, al-Qaida-nahen Gruppen und ihren Zusammenschluss zum „Islamischen Staat im Irak“. [[Zusammen mit den, von den USA für ihren schmutzigen Krieg gegen den Widerstand aufgebauten Todesschwadronen und schiitischen Milizen, war er maßgeblich verantwortlich für die fürchterliche Welle sektiererischer Gewalt die das Land zwischen 2005 und 2008 heimsuchte.]] Nachdem er 2010 durch vereinte Kräfte im Irak endlich stark dezimiert und auf abgelegene Gegenden zurückgedrängt worden war, verhalfen ihm der NATO-Krieg in Libyen und die Bewaffnung islamistischer Gruppen in Syrien als grenzüberschreitendem „Islamischen Staat“ (IS oder arab. Daesch) zur vollen Blüte und Ausbreitung weit über Syrien und Irak hinaus.

Den Toten durch das Embargo, deren Zahl nach 1994 auf weit über eine Million stieg,[1] folgten ab 2003 etwa eineinhalb Millionen weitere durch Krieg und nachfolgender Besatzung.[2] Der Ausbreitung des Daesch im Norden und Westen und mehr noch dem Krieg gegen ihn, fielen noch einmal Zehntausende zum Opfer. Allein die Rückeroberung Mossuls forderte wahrscheinlich über 90.000 Menschen das Leben.[3] Zeitweilig waren mehr als 4 Millionen Iraker gleichzeitig auf der Flucht. Ein erheblicher Teil davon ging ins Ausland, allein in Deutschland ersuchten über 200.000 um Asyl.

Es war das Scheitern im Irak, durch das Syrien und Iran wieder verstärkt ins Visier der USA gerieten. Hatte den Iran die Ausschaltung seines direkten Rivalen schon als Regionalmacht massiv gestärkt, wurde durch den erzwungenen Abzug der US-Truppen aus dem Zweistromland 2011 das Kräfteverhältnis weiter zu Ungunsten der USA verschoben. Um die Islamische Republik zu schwächen, nahm man dafür zunächst ihren engsten Verbündeten, Syrien, aufs Korn, das nun den Irak als Hauptkriegsschauplatz um die Vorherrschaft im Mittleren Osten ablöste.

Im Moment sei der Ort, wo der Iran „abgeblockt“ werde, nicht mehr der Irak, „wo der Iran bereits die Oberhand hat, sondern Syrien,“ so fasste der private US-Nachrichtendienst Stratfor zu Beginn der Unruhen in Syrien im Frühjahr 2011 die Sicht der Strategen in Washington zusammen. Tom Donilon beispielsweise, der damalige Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, erklärte damals ganz offen, dass das „Ende des Assad Regimes aktuell den größten Rückschlag des Irans in der Region bedeuten würde – ein strategischer Schlag, der das Gleichgewicht in der Region weiter gegen Iran verschieben wird.“[4] Die Umsturzbemühungen führten trotz eines fürchterlichen, bis heute anhaltenden Krieg nicht zum Erfolg. Mittlerweile wird der Iran durch einen verschärften Wirtschaftskrieg und Kriegsdrohungen direkt angegangen.

Massenvernichtungs-Sanktionen

Ab 1994 gewann auch das Thema „Wirtschaftssanktionen“ immer mehr Brisanz. Neben dem Irak litt damals auch Kuba massiv unter den Folgen einer umfassenden US-Blockade, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre volle Wirkung entfaltet und zu massiven Versorgungsengpässen geführt hatte. Ab 1996 begannen die USA ihre unilateralen Zwangsmaßnahmen gegen Kuba, wie auch gegen Libyen und Iran exterritorial auszuweiten. Ein Jahr zuvor hatte Washington jeglichen Handel mit dem Iran untersagt. Libyen unterlag bereits seit 1986 einem kompletten Embargo. Durch den „Helms-Burton-Act“  gegen Kuba und den „Iran and Libya Sanctions Act“ sollten nun auch ausländische Firmen und Banken gezwungen werden, sich diesen Blockaden anzuschließen. Sollten sie weiter mit diesen Ländern Geschäfte machen, drohte ihnen nun der Ausschluss von Geschäften in den USA. Es begann das Zeitalter der „extraterritorialen“ oder „sekundären Sanktionen“. In größerem Maßstab angewandt hat Washington diese eindeutig völkerrechtswidrigen Maßnahmen allerdings erst unter der Präsidentschaft von Barack Obama. 2015 sah sich z.B. die Commerzbank zur Zahlung von 1,45 Milliarden US-Dollar wegen ihrer Geschäfte mit der iranischen Staatsreederei IRISL Group gezwungen. [[Die französische BNP Paribas musste für einen Vergleich in einem ähnlichen Prozess sogar 8,9 Milliarden US-Dollar hinlegen.]] Vor diesem Hintergrund entfalten die aktuellen US-Blockaden gegen den Iran, wie auch die gegen Venezuela rasch eine verheerende Wirkung.

Gleichzeit mit ihrer Ausweitung gerieten Wirtschaftssanktionen in den 1990er Jahren aber auch immer stärker in die öffentliche Kritik. Es wurde immer offensichtlicher, dass wirksame Wirtschafts- und Finanzblockaden unweigerlich massive schädliche Auswirkungen auf die Versorgung und den Lebensstandard der Bevölkerung haben, und dies auch dann, wenn humanitäre Güter wie Nahrung und Medizin ausgenommen werden. Angesichts ihrer katastrophalen Folgen, die sich vor allem beim Irakembargo in brutaler Deutlichkeit zeigten, stellten immer mehr Völkerrechtler und UN-Gremien die völkerrechtliche Legitimität umfassender Wirtschaftsblockaden grundsätzlich in Frage. Nachdem bereits die ersten Untersuchungsberichte von UN-Kommissionen über den Irak, die dem Land auferlegten Sanktionen als völkerrechtswidrig eingestuft hatten,[5] erklärte der UN-Menschenrechtsrat 1994 in einer Resolution, dass umfassende wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen generell essentielle Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung verletzen, insbesondere „das Recht eines jeden auf einen für Gesundheit und Wohlergehen ausreichenden Lebensstandard, der Nahrung, medizinische Versorgung, Unterkunft und notwendige soziale Dienstleistungen beinhaltet“. Er forderte alle Staaten auf, derartige Praktiken zu unterlassen. [6]

In einem viel beachteten Gutachten für die UN-Menschenrechtskommission kam der prominente belgische Jurist Marc Bossuyt 2000 zum Schluss, dass „das Sanktionsregime gegen den Irak“ – obwohl es auf einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats beruhte ‒  „eindeutig illegal unter dem geltenden internationalen Menschenrecht und den humanitären Gesetzen [ist]. Einige würden so weit gehen, den Vorwurf des Völkermordes zu erheben.” [7] Es versteht sich von selbst, dass dieses Urteil in noch schärferem Maß für alle eigenmächtigen Blockaden gilt.

Obwohl es seit der Resolution der UN-Menschenrechtsrat von 1994 zahlreiche weitere Resolutionen und Stellungnahmen aus der UNO und von Völkerrechtlern gab, erleben wir 25 Jahre danach eine Ausweitung ähnlich brutaler Blockaden, ohne dass dies in der Öffentlichkeit auch nur problematisiert wird. Die von den EU-Staaten mitgetragene Handels- und Finanzblockaden gegen Syrien genießen in Deutschland sogar nach wie vor breite Unterstützung, bis hinein in die Reihen der Linken, obwohl UN-Vertreter auf ihre verheerenden Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und „das tägliche Leben der einfachen Menschen“ hinweisen und sie mittlerweile das Haupthindernis für die Rückkehr von Millionen Flüchtlinge sind.

Der UN-Sonderbeobachter Idriss Jazairy, der im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats die „negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Gewährleistung von Menschenrechten“ untersucht, bezeichnet auch diese Blockaden als eindeutigen „Akt des Krieges“. Der Rechtfertigung, sie würden sich gegen die Verletzung der Menschenrechte der Syrer durch ihre Regierung richten, entgegnete er: „Das ist gleichbedeutend mit dem Ansatz, die Flammen der Menschenrechtsverletzungen, nicht mit einem Wasserschlauch, sondern mit einem Flammenwerfer zu bekämpfen!“

Dass Wirtschaftsblockaden keine sanfte Alternative zum Krieg sind, wiesen auch die beiden renommierten US-Politikwissenschaftler Prof. John Mueller und Dr. Karl Mueller 1999 in einer Studie nach. Da das Irakembargo mit der Gefahr irakischer MVW begründet worden war, verglichen sie die Folgen von Wirtschaftsblockaden mit denen des Einsatzes von atomaren, chemischen und biologischen Waffen. Sie kamen in ihrer Analyse zum Schluss, dass Wirtschaftsblockaden bereits mehr Todesopfer gefordert hatten, als alle Massenvernichtungswaffen der Geschichte zusammen. Sie bezeichneten sie daher als „Massenvernichtungs-Sanktionen“,  die, gerade weil sie so unauffällig wirken, sehr häufig angewandt werden und kaum zu Empörung führen.[8]

Das Irakembargo belegte zudem, dass Wirtschaftsblockaden nicht nur bereits eine Form von Krieg gegen die betroffenen Länder sind, sondern auch, wie einst die Belagerung mittelalterlicher Städte, die Vorbereitung zu ihrem Sturm sein können.

2044 ‒ schlechte Aussichten

Dass der Nahe und Mittlere Osten in den kommenden 25 Jahren zur Ruhe kommt, ist leider nur schwer vollstellbar. Zwar zeigen fortschrittliche Bewegungen, wie die sich aktuell erneut ausbreitende Protestbewegung im Irak, dass es durchaus eine gute gesellschaftliche Basis für positive Veränderungen gibt. Dafür müssten jedoch als erste Voraussetzung die USA und ihre Verbündete, inklusive Türkei, ihre destabilisierende Politik einstellen. Dazu würde der Rückzug ihrer Truppen aus Syrien und Irak gehören und die Einstellung der Unterstützung bewaffneter regierungsfeindlicher Gruppen in Syrien. Eingestellt werden müsse auch die aggressive, erpresserische Politik gegenüber dem Iran, sowie die Unterstützung der Golfmonarchien in ihrem Krieg gegen Jemen.

Aber auch dann wäre es nicht leicht, das geschaffene Konfliktpotential und die tiefen Gräben zwischen den Staaten und zwischen Bevölkerungsgruppen in den einzelnen Ländern zu überwinden. Auch nach Wegfall der Unterstützung bisheriger Sponsoren  wird das Wirken dschihadistischer Terrorbanden, wenn auch in schwächere Form, noch lange andauern.

Gab es 1994, nach den Oslo-Abkommen, Hoffnungen auf eine wenigstens halbwegs faire Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, ist heute auch für die kommenden Jahre eine Lösung nur schwer vorstellbar. Die  Zweistaatenlösung ist aufgrund der Siedlungspolitik Israels seit langem tot, der einzig sinnvollen Alternative einer Einstaatenlösung fehlt die ausreichende Unterstützung.

Mittlerweiler ist die Region seit 28 Jahre mit Kriegen konfrontiert, die von externen Mächten und ihren lokalen Hilfstruppen geführt werden. Der 30jährige Krieg endete weitgehend aus Erschöpfung. Die USA dürften aber auch in den kommenden Jahrzehnten noch keine Schwierigkeiten haben, Hilfskräfte zu finanzieren, mit denen sie ihn in unterschiedlicher Intensität fortführen können. Sie selbst sind von den Kriegen im NMO relativ wenig betroffen. Sie sind zwar mit enormen Kosten konfrontiert, können diese aber aufgrund der dominanten Stellung des Dollars noch problemlos durch dessen Vermehrung und durch Aufnahme neuer Schulden auf den Rest der Welt abwälzen. Die hohen Flüchtlingszahlen sind allein ein Problem der Nachbarstaaten, sowie Griechenland, Italien und die übrigen Länder der EU. Auch von den wirtschaftlichen Einbußen durch die Blockaden sind die USA weniger betroffen als die Europäer ‒ ein aus US-Sicht durchaus positiver Nebeneffekt.

Anderseits werden sich die Kräfteverhältnisse in der Region mit Sicherheit gravierend ändern. Die von der einzig verbliebenen Supermacht dominierte „neue Weltordnung“ zerbröselt und wandelt sich in eine multipolare. Den herrschenden Kreisen in den USA ist es in den letzten 25 Jahren nicht gelungen, ihre ehrgeizigen Ziele zum Erhalt ihrer Vormachtstellung zu erreichen. Das „Project for the New American Century“ ist schon im Krieg gegen den Irak gescheitert. Auch wenn es gelang das Land als Regionalmach auszuschalten, haben sie hier letztlich genauso verloren haben, wie in Afghanistan. Auch die Umsturzbemühungen in Syrien müssen sie als gescheitert ansehen.

Während ihr politischer und wirtschaftlicher Einfluss schwindet, haben die USA durch ihren gigantischen  Militärapparat und der Kontrolle des internationalen Banken- und Finanzsystems noch erhebliche Macht, andere Staaten zur Unterordnung zu zwingen und ‒ wie sich am Beispiel Iran erneut drastisch zeigt ‒ gegen unbotmäßige Staaten vorzugehen. Allerdings fördern die immer breiter angewandten Zwangsmaßnahmen in den betroffenen Ländern eigenständige industrielle Entwicklungen und den Aufbau alternativer Finanz- und Zahlungssysteme, die die Abhängigkeit und US-dominierten Institutionen reduzieren. Der vermutlich zunehmende Handel von Erdöl mit alternativen Währungen dürfte die Monopolstellung des Dollars als Weltwährung immer mehr untergraben.

Automatisch mehr Frieden bringt dies natürlich nicht. Abgesehen von regionalen Akteuren die dem vorerst entgegenstehen, werden die herrschenden Kreise in den USA den Machtverlust mit allen Mitteln hinauszuzögern suchen, unterstützt von ihren NATO-Partnern, die durchaus ähnliche Interessen haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass Frankreich und Großbritannien die treibenden Kräfte hinter dem Krieg gegen Libyen waren.


[1] R. Göbel, . Guilliard, M. Schiffmann (Hg.) „Der Irak – ein belagertes Land – Die tödlichen Auswirkungen von Krieg und Embargo“, PapyRossa Verlag, Köln, Mai 2001

[2]Body Count“ ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren „Krieg gegen den Terror„, IPPNW, September 2015

[3] Mossul ein Jahr nach der „Befreiung“ ‒ 90.000 Tote durch US-Allianz, Ossietzky 15.9.2018

[4] Obama Aide: End of Assad Regime Will Serve Severe Blow to Iran, Haaretz 22.11.2011,

[5] Werner Ruf: “Die neue Welt-UN-Ordnung” Vom Umgang des Sicherheitsrates mit der Souveränität der „Dritten Welt“, agenda-Verlag, Münster, 1994. S.82

[6] Hans Köchler, Ethische Aspekte der Sanktionen im Völkerrecht. Wien 1994

[7] Marc Bossuyt: The adverse consequences of economic sanctions on the enjoyment of human rights. UN Menschenrechtskommission, Dokument E/CN.4/Sub.2/2000/33, Abs. 48

[8]Sanctions of Mass Destruction, Foreign Affairs, 78 (May/June 1999), pp. 43-53

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