8. Mai – “Tag der Befreiung”: Deutsche Verantwortung für Zweiten Weltkrieg verlangt Einsatz für Frieden

Rede auf der Kundgebung von AKF und „Heizung, Brot und Frieden HD“ am 8. Mai 2023 in Heidelberg

Heute vor 78 Jahren endete mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht der Zweite Weltkrieg. Als die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Opfer zu beklagen. In vielen Ländern der Erde wird der 8. Mai als „Tag der Befreiung vom Faschismus“ gefeiert. Wir schließen uns an und fordern, wie u.a. auch die Gewerkschaften, den 8. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu erklären.  

Wir gedenken an diesem Tag auch der entsetzlichen Verbrechen des deutschen Faschismus und der ungeheuren Zahl von Opfern, die sein Wüten forderte. Wir erinnern daran, dass die Rote Armee die Hauptlast im Krieg gegen die deutsche Wehrmacht und faschistische Horden trug und dass die sowjetische Bevölkerung die größten Opfer bringen musste. Die Wehrmacht führte ihren Feldzug gegen die Sowjetunion vom ersten Tag an mittels barbarischen Terrors gegen die Zivilbevölkerung.

Die deutschen Truppen zerstörten dabei über 1700 Städte, 70.000 Dörfer, 32.000 Fabriken und 4000 Bibliotheken. Bis zum Sieg über den deutschen Faschismus, der in Russland am 9. Mai gefeiert wird, kamen 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und Sowjetbürger ums Leben. Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und ZwangsarbeiterInnen starben in deutschen Lagern.

Aus diesem Jahrhundert-Verbrechen folgt eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber den Völkern der damaligen Sowjetunion ‒ eine Verantwortung gegenüber der ukrainischen wie der russischen Bevölkerung.

Stattdessen ist in Berlin eine ganz große Koalition aus SPD, FDP, Grünen und CDU/CSU entschlossen, einen jahrelangen Krieg gegen Russland zu führen, mit NATO-Waffen aber auf ukrainischem Boden und mit ukrainischen Truppen, wenn es sein muss ‒ so könnte man meinen ‒ bis zum letzten ukrainischen Soldaten. Und im Zuge der allgemeinen Empörung über den russischen Krieg können sich angestammte Ressentiments und Hass gegen alles Russische wieder offen austoben. In diesem Klima werden russische Künstler oder Stücke aus den Programmen genommen und wird in den Universitäten die Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen gecancelt.

Wolfgang Herzberg, ein Nachkomme jüdisch-deutscher Überlebender des Faschismus, hielt dem in der Zeitschrift Ossietzky entgegen (Verhandlungslösung – Alternativlos!, Ossietzky, 20/2022):

Und ich frage mich …, ob eine deutsche Regierung, deren Vorgänger im 1. und 2. Weltkrieg Millionen und Abermillionen von toten Russen und Ukrainern sowie Tod und Zerstörung bei vielen anderen Völkern mit zu verantworten hatten, nicht zuletzt den Völkermord an den europäischen Juden, zu der auch Teile meiner Familie gehörten, dass diese heutige Ampelregierung nicht gerade deshalb die verdammte Pflicht und Schuldigkeit hat, sich alternativlos für eine Verhandlungs- und Kompromisslösung einzusetzen, anstatt weiter Öl ins Feuer dieses gefährlichsten Globalkonfliktes seit 1945 zu gießen … .

Gerade in Deutschland sollten die politisch Verantwortlichen daran entscheidend mitwirken, dass die friedenspolitischen und antifaschistischen Grundwerte der Vereinten Nationen, dem wohl wertvollsten diplomatischen Erbe der Menschheit, seit der Beendigung des 1. und 2. Weltkrieges, das mit dem Schwur von Buchenwald: »Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!« übereinstimmt, nicht erneut durch die falschen Mittel einer gegenseitigen Kriegspolitik zerstört werden.

Wir fordern von der deutschen Regierung und der EU, sich endlich ernsthaft für einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg einzusetzen, statt “Leopard”-Kampfpanzer an die Front im Osten der Ukraine zu senden, wo vor 80 Jahren ihre Vorgänger “Panther” und “Tiger” gen Osten rollten. Wir fordern sie auf sich endlich den Friedensinitiativen aus China, Brasilien und anderen Ländern des Südens anzuschließen.

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