Unangebrachter Alarmismus ‒ zu Warnungen vor zweiter Covid-19-Welle

Leserbrief an die RNZ, veröffentlich am 22.8.2020

Eine vorsichtige Beobachtung des Infektionsgehen mit dem neuen Corona-Virus bleibt sicherlich angebracht. Im Moment gibt aber der Alarmismus in Politik und Medien mehr Anlass zur Sorge als dieses. Die Zahl positiv getesteter Personen stieg zwar in den letzten Wochen etwas, ist aber noch weit entfernt von den Zahlen im April. Wer nun schon, wie auch die RNZ, vor einer zweiten Welle warnt, sollte auch erwähnen, dass die Zahl der Tests seit Anfang Juni von 340.000 auf 672.000 fast verdoppelt wurde. Dadurch wird nun ein viel größerer Teil der symptomlosen Infizierten erfasst.

Zudem fallen durch die drastische Zunahme der Tests auch ihre Fehlerraten immer mehr ins Gewicht, auch wenn diese an sich recht niedrig sind. Das RKI macht leider keine Angaben dazu, eine Versuchsreihe in deutschen Laboren Ende April ergab aber immerhin 1,4% – 2,2% fälschlich als positiv ausgewiesene Fälle. Auch wenn die Genauigkeit seither verbessert wurde, so sind auch bei einer Fehlerrate von etwa 0,5%, bei über 600.000 Tests pro Woche rund 3000 fälschlich als positiv Getestete zu erwarten. (Der Fehler fällt umso mehr ins Gewicht je mehr anhaltslos, wie bei Reiserückkehrer, getestet wird).

Eine bessere Einschätzung des Infektionsgehens als die Zahl von Neuinfektionen liefert die Entwicklung der Zahl derer, die aufgrund einer schwereren Covid-19-Erkrankung stationär behandelt werden. Leider findet man die vom RKI jeden Dienstag veröffentlichten Zahlen nicht in der RNZ. Diese bewegen sich im gesamten Bundesgebiet seit Wochen völlig undramatisch zwischen 250 und 350.

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