In Heidelberg sind die städtischen Gedenkveranstaltungen zum “Volkstrauertag” ohnehin seit Jahr und Tag ein großes Ärgernis. Sie finden auf dem sog. “Ehrenfriedhof” statt, einer Gedenkstätte die die Nazis in den 30er Jahren errichtet hatte und an deren faschistischer Ästhetik seither kaum was geändert wurde. Jahr für Jahr sind zudem auch größere Delegationen der US-Armee, der Bundeswehr und anderer NATO-Streitkräfte präsent.
Jedes Jahr gibt es aber auch Protest. Auch dieses mußten die ankommenden Delegationen durch ein Spalier von Schildern und Transparenten und sich antifaschistische Lieder anhören.
(Bilder und Berichte siehe hier)
Rangeleien gab es als einige AnitmilitaristInnen mit ihren Gedenkschildern, auf denen an die Opfer der Wehrmacht, der Naziregimes oder aktueller deutscher Kriegseinsätze erinnert wurde , zur offiziellen Feier auf den Friedhof wollten. Die Polizei versperrte ihnen zum Teil unter Anwendung erheblicher Gewalt den Weg.
Als unerwünscht eingestuft wurden beispielsweise folgende Schilder:
„Wir erinnern an die hunderttausenden Opfer von US-Army, Bundeswehr und NATO in Jugoslawien, Afghanistan und im Irak“ und „Wir gedenken der unzähligen ZivilistInnen, die von der Nazi-Wehrmacht ermordet wurden.“
Dutzende Offiziere in Uniform, die größtenteils, ihren Rängen und Einheiten zufolge, vor ein Kriegsverbrechertribunal gehören, konnten hingegen unbehelligt auf den Platz.
Während die Polizei beschäftigt war, Leuten mit offen getragenen Schilder den Zugang zu versperren, gelangten andere mit Plakaten und Transparente unter der Jacke auf den Platz und konnten so das Spektrum des Gedenkens um wesentliche Aspekte erweitern.
Wie nötig dies war, unterstrich Bürgermeister Bernd Stadel durch seine Rede. Ohne im geringsten auf die Proteste direkt vor seiner Nase einzugehen, schwadronierte er – ganz im Stile seines Kriegsminister – davon, dass die Frage von Krieg und Frieden sich für Deutschland heute ganz neu stelle und betonte die Notwendigkeit deutscher Kriegseinsätze im Ausland. Anschließend widmete er das diesjährige Gedenken den 81 Bundeswehrsoldaten, die seit 1992 bei Auslandseinsätzen gefallen sind. Für die zivilen Opfer deutscher Truppen gab es nicht mal ein leises Bedauer.
Die Widmung der diesjährigen Volkstrauertags-Veranstaltungen an die gefallenen Kriegsfreiwilligen der Bundeswehr und die Werbung für die deutschen “Friedensmissionen” war keine Heidelberger Besonderheit, sondern lief wohl gleichgeschaltet bundesweit. Auch die Rede des Bundespräsidenten zum “Volktrauertag” machte keine Ausnahme. So heißt es da u.a.:
Und darum ist es auch an diesem Tag der Trauer wichtig, über unsere Verantwortung in der Welt nachzudenken. Wir Deutsche haben uns dieser Verantwortung in den vergangenen Jahrzehnten gestellt. Wir leisten Entwicklungszusammenarbeit gegen Armut und Not, wir helfen bei Naturkatastrophen, und wir haben Polizeibeamte und Soldaten entsandt, wo die internationale Gemeinschaft das Mandat dazu gibt und wo der friedliche Aufbau und die Freiheit erst noch mit Waffen geschützt und durchgesetzt werden müssen.
Wir denken darum heute auch besonders an unsere Frauen und Männer in Afghanistan. Sie stehen in einem schwierigen und gefährlichen Einsatz. Sie brauchen Rückhalt hier bei uns in der Heimat. Und sie brauchen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich mit Anteilnahme und Vernunft für die Ziele und Bedingungen des Auslandseinsatzes der Bundeswehr interessieren.
Sehr treffend dazu Erhard Crome:
Nachschubpräsident – Gastkommentar zu Köhlers Rede zum Volkstrauertag