Redebeitrag auf der wöchentlichen Kundgebung des Bündnis „Für Heizung, Brot und Frieden“ in Heidelberg am 13.02.2023
Wir sind hier um gegen die stetige Eskalation des Krieges in der Ukraine durch Waffenlieferungen zu protestieren. Wir fordern die Bundesregierung auf, aus der militärischen Logik auszusteigen. Statt einen Sieg über Russland in einem langen Abnutzungskrieg anzustreben müssen endlich diplomatische Initiativen für ein rasches Ende der Kampfhandlungen durch Verhandlungen ergriffen werden.
Als im April letzten Jahres die ersten Forderungen nach schweren Waffen aufkamen, hat Bundeskanzler Scholz noch vor der Gefahr eines Welt- oder gar Atomkrieges gewarnt. Da ging es noch um Haubitzen und Raketenwerfer. Wenig später gab er auf Druck Washingtons und seiner bellizistischen Koalitionspartner den Weg dafür frei. Ein kurzes Zögern gab es auch wieder bei schweren Schützenpanzern und schließlich Kampfpanzern, die zuvor als jenseits der roten Linie bei der militärischen Unterstützung angesehen wurden.
Doch nun werden auch Leopard-2-Panzer an die ukrainische Front geschickt, dort wo vor 80 Jahren ihrer Vorgänger in der Wehrmacht, Tiger und Panther im Einsatz waren.
Und außerdem gibt es bis zu 178 ausgemusterte Kampfpanzer Leopard 1 noch obendrauf ‒ gibt es zur Freude der Rüstungskonzerne, deren Chefs und Aktionäre aus dem Champagnerkorken knallen lassen gar nicht mehr herauskommen.
Bald rollen deutsche Panzer mit einer ukrainischen Besatzung die von der deutschen Armee ausgebildet und mit westlichen Geldern bezahlt werden gegen russische Truppen. Dennoch wird krampfhaft versucht, an der Darstellung festzuhalten, wir seien noch nicht Kriegspartei und Außenministerin Baerbock dafür getadelt, dass sie einmal was Wahres gesagt hat. Für die russische Bevölkerung steht und dem größten Teil der Welt steht außer Frage, dass wir schon lange im Krieg gegen Russland sind.
Jeder der die Entwicklung der letzten Monate verfolgte, weiß wohin die Waffenlieferungen führen; Je mehr und je weitreichender die westliche Waffen sind, die ukrainische Truppen ins Gefecht werfen, desto mehr eskaliert auch die russischen Site den Krieg und desto mehr nehmen die Zerstörungen und Opfer zu ‒ auf beiden Seiten der Front.
Selbst führende westliche Militärs, wie der US-Generalstabschef Mark Milley oder die deutschen Ex-Generäle Harald Kujat und Erich Vad, drängen auf Verhandlungen, da militärisch für die ukrainische Armee nicht viel mehr zu gewinnen ist, das Risiko der Ausweitung des Krieges aber mit jedem Tag wächst.
Diskutiert wird aber bereits die Lieferung von Kampfflugzeugen. Kiew verlang zudem Kriegsschiffe, U-Boote und weitreichende Raketen. Da die ukrainischen Soldaten mit dem bereits gelieferten modernen Kriegsgerät nicht wirklich umgehen kann, so Ex-General Kujat in einem Interview gestern, befürchtet er, dass bald auch die Entsendung von NATO-Truppen diskutiert. Mit Sicherheit sind bereits Tausende NATO-Soldaten vor Ort im Einsatz, die den Vorschlag ihrer Führer annahmen, sich beurlauben ließen und nun als Söldner das moderne militärische Knowhow beisteuern.
Kujat erneuerte seine Warnung vor wenigen Tagen davor, die Eskalationsschraube weiter und schneller zu drehen, und fordert die Panzerlieferung zu stoppen. Die Bundesregierung könne dem Friedensgebot des Grundgesetzes nur gerecht werden, wenn sie alles in ihrer Macht Stehende für einen Verhandlungsfrieden unternimmt.
Sie müsste in der Nato und gegenüber Washington auf einer Strategie zur Beendigung des Krieges bestehen. Zumal die Lage der Ukraine immer kritischer werde. Da die Hauptakteure in diesem Krieg Russland und die USA sind, müsse Washington dazu gebracht werden direkt mit Russland zu sprechen.
So einsichtig und vernünftig solche Vorschläge sind, sie prallen an der deutschen Regierung einfach ab. Genauso wie unlängst der Vorschlag von Brasiliens Präsident Lula sich an der von ihm geplanten Friedensinitiative zu beteiligen von Kanzler Scholz stur zurückgewiesen wurde. Wie der Vorstoß von Lula zeigt, würde es Berlin an internationaler Unterstützung nicht mangeln, würde es sich innerhalb von NATO und EU für Verhandlungen stark machen. Neben Lula haben u.a. auch die Regierungen Kolumbiens, Mexikos, Südafrikas und Indiens ihre Bereitschaft erklärt, sich aktiv dafür einzusetzen. Die meisten Länder der Welt sehen den Westen in der Pflicht, endlich diplomatische Initiativen zu ergreifen, den Krieg zu stoppen.
Dass dies nicht aussichtlos ist und es die USA und Verbündete waren, die im März letzten Jahres die Chance einer frühen politischen Lösung blockierten, hat jetzt ja auch der damalige israelische Premier Naftali Bennett bestätigt. Er versichert, dass ein Waffenstillstand in greifbarer Nähe gewesen war. Da die USA und NATO auch zuvor alle Ansätze, den Konflikt zu entschärfen, blockierten, liegt der Verdacht nahe, dass die herrschenden Falken in den westl. Hauptstädten den Krieg wollten und ihn weiterführen wollen, bis Russland „ruiniert“ ‒ bis zum letzten ukrainischen Soldaten.
Auch wenn Moskau völkerrechtswidrig einmarschierte, so liegt die Verantwortung für das fortgesetzte Blutvergießen zum großen, wenn nicht größten Teil auch bei ihnen.
Wie der erfahrene Niccolo Machiavelli einst betonte:
Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.
Seit drei Tagen gibt es auch in Deutschland einen Appell, der sich im Internet schnell ausbreitet und Verhandlungen, sowie einen Stopp der Waffenlieferungen fordert.
Unter dem „Manifest für Frieden“ von Sahra Wagenrecht und Alice Schwarzer, das von bekannten Personen aus einem breiten politischen Spektrum erstunterzeichnet wurde, wurden bis heute Mittag bereits weitere 360.000 Unterschriften gesammelt.
Die erwartbaren wütenden Reaktionen der Gegenseite aus der Politik, den Medien von Taz bis FAZ blieben natürlich nicht aus, meist mit persönlichen, teils widerlichen Angriffen gegen die Initiatorinnen gespickt. Ohne auf den Inhalt einzugehen werden alle UnterzeichnerInnen umstandslos zu Sprachrohren Putins erklärt.
Außenministerin Baerbock meinte, mit dem Argument dagegen halten zu können, alle die Waffenstillstand und Deeskalation fordern, würden die Ukrainer den russischen Monstern ausliefern „Menschen sitzen zum Teil seit elf Monaten im Keller und trauen sich nicht raus“ Sie meinte tatsächlich die Menschen, die östlich der Front im Donbass leben, ihrer Ansicht nach unter russischer Besatzung. Doch diese Menschen sind seit 2014 unter Beschuss, durch Kiewer Truppen. Und mittlerweile stammen die Raketen und Granaten, die sie in die Keller zwingen, aus NATO-Beständen und werden von NATO-Waffen verfeuert.
Wir unterstützen natürlich den Appell. Seine breite Unterstützung ist ermutigend. Die Initiatorinnen rufen für den 25. Februar zu einer Großdemo in Berlin auf.
Das wird den meisten hier im Süden zu kurzfristig und zu weit sein. Wir planen aber seit längeren eine eigene hier in Heidelberg. Beginn 12 Uhr am Anatomiegarten.